Am 19.10. war mal wieder das Erzählcafe Damals aktiv
Rund 20 Seniorinnen und Senioren trafen sich am 19.10. in der Cafeteria im Kreishaus Goslar, um bei Kaffee und Kuchen zu dem Thema Einschulung und Schulzeit im Cafe Damals zu erzählen. Frau Lange aus der Seniorenakademie hat anschließend einen “Aufsatz” geschrieben. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Cafe Damals – Einschulung und Schulzeit
„Ja, an meine Einschulung kann ich mich noch erinnern: Ich hatte die größte Schultüte von allen, die hatte ich von meinem Bruder geerbt. Drin war nur Zeitungspapier, ein paar Äpfel aus Nachbars Garten mit Flecken drauf, die würde heute keiner mehr essen, und 2 Tafeln Schokolade.“
„Ich war krank, Scharlach! Meine Schultüte habe ich ans Bett bekommen. Das weiß ich noch genau, so habe ich mich gefreut.“
Schnell sind die Erinnerungen wieder da. Alle 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind sofort im Thema. Es geht um die Einschulung, die Schulzeit und um Jugenderinnerungen. Davon gibt es noch eine ganze Menge. Die älteste Teilnehmerin ist 1934 eingeschult, die jüngste 1963.
Eine Schiefertafel wurde mitgebracht, alle können sich noch an die quietschenden Geräusche erinnern, wenn man den Stift benutzte. „Und der Schwamm am Ranzen, der hat gestunken!“
Wir haben Sütterlin geschrieben.
“Wir hatten Schönschrift, das gibt’s heute gar nicht mehr!“ „Ja, ich hatte immer eine 1 aber als wir umsteigen mussten auf die lateinische Schrift hatte ich nur eine 4, das konnte ich gar nicht.“
Linkshänder wurden damals umerzogen. Das schöne Händchen sollte benutzt werden, sonst gab es was mit dem Rohrstock. „Der Rohrstock, ja genau! Den haben wir immer eingerieben, damit er schneller kaputtgeht.“ „Nein, das haben wir uns nicht getraut. Wir mussten immer unsere Hände auf den Tisch legen und wehe sie waren nicht sauber, dann gab es einen Hieb mit dem Stock.“
Einige sind auf einer Mädchenschule gewesen, einige auf einer Jungenschule. Auf dem gemeinsamen Pausenhof war eine Gosse als Trennlinie, die nicht übertreten werden durfte. Natürlich erinnert sich jemand, es doch getan zu haben. Mutproben waren schließlich an der Tagesordnung, sonst gehörte man nicht zur Bande.
In gemischten Klassen saßen Mädchen und Jungen getrennt in den Bänken. Wenn der Lehrer reinkam, trat man aus der Bank und sagte ‚Guten Morgen‘. In der Klasse war ein Kanonenofen zum Wärmen. Einige mussten ein Brikett mitbringen, damit geheizt werden konnte. „Wir haben immer Gummiringe auf den Ofen gelegt, die sind dann langsam angekokelt und haben gequalmt. Dann war der Unterricht schnell vorbei.“
„Sind Sie eigentlich auf Ihren Ranzen mal den Berg runtergerodelt?“
Nein, das kannte niemand. Die Mädchen wurden zur Achtsamkeit erzogen, das einzige Paar Schuhe wurden, wenn es nass geworden war, abends mit Zeitungspapier ausgestopft und mit Schuhwichse eingerieben. Im Sommer ging man auch barfuß oder in Holzschlappen. Die Mädchen lernten stopfen mit dem Stopfpilz in der Schule. „Ja und wir haben Bettlaken gerettet. Wir mussten im Hauswirtschaftsunterricht alte in der Mitte dünne Bettlaken mitbringen die haben wir durchgeschnitten und die andersherum wieder zusammengenäht. Wie hieß die Naht noch? Kappnaht, ach ja! Dann waren die dünnen Stellen außen und die Mitte war wieder wie neu. Die `Jungen hatten kein Handarbeit, die mussten immer nur mit der Strickliesel üben.“
Das Butterbrot wurde in einer Blechdose mitgenommen. Auch der Vater bekam ein Brot mit zur Arbeit. Blieb etwas übrig, gab es abends ‚Hasenbrot‘. „Ja, damals hatte man nicht so viel: Meine Mutter hängte die Margarinepapiere über den Herd an eine Schnur. Wenn dann Fett für die Suppe gebraucht wurde, wurden die Papiere über den heißen Topf gehalten und einige Tropfen flossen in den Topf. Öl wurde aus Bucheckern gemacht.“
Ein Poesiealbum wird herumgereicht.
‚Sei immer treu und edel und bleib ein deutsches Mädel‘ in schönster Handschrift und mit Lackbild ‚von deiner Mitschülerin Helga‘. Alle sind begeistert und haben auch ein Album zuhause. Lackbilder wurden getauscht in vollgeschriebenen Heften, erzählt eine Teilnehmerin. Die Seiten wurden zur Hälfte geknickt und in jede Seite ein Bild gelegt. Mit einem Bild, das man zum Tauschen ausgesucht hat, sticht man in eine Lücke zwischen die Seiten und bekommt das Bild, das dort steckte.
„Was habt ihr eigentlich sonst noch gespielt?“ „Immer draußen! Hinkekästchen, Kriegen, Verstecken, Zehnerprobe mit dem Ball, Schangeln und Murmeln. Trotz der ärmlichen Verhältnisse und der strengen Erziehung sind wir doch ganz vernünftige Leute geworden, oder?“
Der Nachmittag geht zu Ende, es werden noch ein paar Stilblüten aus Schüleraufsätzen vorgelesen. Die Teilnehmenden beschließen, auf dem Nachhauseweg durch die Laubhaufen zu gehen und die Blätter rascheln zu lassen. Wie früher ????